Sankt Goar: Das perfekte Wochenende am Rhein
Stell dir folgende Quizfrage vor: Wofür sind die Schwesternstädte St. Goar und St. Goarshausen am meisten bekannt? Meine Antwortmöglichkeiten für dich: Die jährliche Austragung von „Rhein in Flammen“? Die Loreley? Die Rheinromantik? Den UNESCO-Weltkulturerbe-Status? Oder den in der Gegend angebauten Riesling? Tja, mich hätte der Quizmaster in die Falle gelockt. Ahnungslos müsste ich mit der Schulter zucken. Schließlich sind all diese Antworten der ideale Mix eines Wochenendes im Oberen Mittelrheintal.
Genau auf solch ein Wochenende möchte ich dich jetzt mitnehmen und dir verraten, was ich bei meinem kurzweiligen Aufenthalt erlebt habe:
Besuch der Burgruine Rheinfels
Fangen wir mit der berühmten Ruine der Burg Rheinfels an, die oberhalb von Sankt Goar über der Stadt und dem Rhein thront, sowie dem daran angebauten Hotel und Restaurant. Schon im Vorjahr lege ich bei einem Besuch in dieser wundervollen Ecke des romantischen Rheins einen Stopp ein. Damals nehme ich mir nur Zeit für eine Kaffeepause auf der wunderschönen Aussichtsterrasse des Hotels und Restaurants. Statt Café-Stopp gönne ich mir in diesem Jahr einen Besuch der dazugehörigen Ruine der Burg Rheinfels.
Mein absolut wichtigster Tipp für deinen Besuch: Nimm dir Zeit die Führung mitzumachen. Sie ist im Eintritt von fünf Euro pro Erwachsenem inklusive. Auch wenn du dafür eine Stunde einplanen musst, lohnt sich das absolut. Selten bin ich mit so viel Begeisterung geführt worden. Ich kann mir kaum vorstellen, dass der Mann das täglich und immer wieder macht. So viel Begeisterung bei einem Guide die auf die Besucher übergeht ist für mich, die schnell auch gelangweilt ist, etwas besonderes. Vor allem aber geht die Führung durch Bereiche der Ruine, die du normalerweise nicht besuchen kannst.
Doch was erwartet dich in der Burg Rheinfels überhaupt?
Die Ruine besteht aus einer Freifläche, einem Museum, mehreren verfallenen Räumen wie einer einstigen Apotheke und einem Aussichtsturm. Außerdem gibt es viele Gänge und Bereiche, die wie schon erwähnt nur mit einer Führung besichtigt werden können. Für den eigenen Besuch sowie die Führung solltest du grob zwei Stunden einplanen. Wenn du noch das Restaurant mit der Aussichtsterrasse besuchen möchtest, brauchst du mindestens eine weitere Stunde. Die grobe Zeitplanung ist wichtig, weil du auf dem Parkplatz – sofern du mit dem Auto da bist – die Parkzeit im Vorfeld bezahlen musst.
Im frei zugänglichen Bereich genieße ich vor allem, die sich verändernde Aussicht auf den Rhein. Mal erblicke ich den Fluss durch die Schießscharten in der Burgruine, mal über die Mauern hinweg. Am schönsten kann ich seinen Anblick vom Turm aus genießen.
Außerdem besuche ich das Museum. Selbst wenn du wie ich kein großer Fan von Museen bist, lohnt hier ein kleiner Stopp. Mir bleiben vor allem der große Apothekerschrank und die vielen Zinnsoldaten in Erinnerung. Außerdem gibt es ein Modell, das zeigt wie die intakte Burganlage ausgesehen hat. Sie muss einst wahnsinnig beeindruckend gewesen sein. Als ich auf ihr geformtes Abbild schaue, überkommt mich, ob der Zerstörung, fast eine Traurigkeit. Die Burg Rheinfels könnte das Neuschwanstein des romantischen Rheins sein, würde sie noch so stehen wie sie einst gebaut wurde.
Apropos Zerstörung, das ist der perfekte Übergang zum Part der Führung.
Genau hier setzt die Tour an. Du erfährst unglaublich viel über den Schutz, aber auch über die Zerstörung der Burg. Immer wieder wird eine neue Burgecke erkundet und obwohl die Führung verstehen lässt, wie weitläufig die Anlage ist, vermittelt sie auch, dass die Besucher nur einen Bruchteil sehen können. Das Areal soll zu Glanzzeiten 15 Fußfallballfelder groß gewesen sein. 4.000 Menschen haben dort gelebt. Heute ist die Burg Rheinfels die größte Burgruine am Rhein.
Wer auf die Führung mit gehen möchte, sollte unbedingt festes Schuhwerk tragen (ich hatte Chucks an, das war Ok) und sein Handy mit der Taschenlampenapp oder eine normale Taschenlampe griffbereit haben. Teils geht es durch Gänge, die früher zur Verteidigung genutzt wurden, und die stockdunkel sind. So zeigt uns unser Guide etwa einen, der heute nicht mehr begehbaren Gänge, die früher die Wachposten der Burg nur im Kriechen bezwingen konnten. Diese Gänge sind vielleicht maximal ein Meter hoch. Wer es dunkel und mysteriös mag, dem dürften auch die Gefängnisräume gefallen, die ebenfalls im Rahmen der Führung besichtigt werden können.
Noch ein paar geschichtliche Fakten zur Burg Rheinfels
Ursprünglich wollte 1245 Graf Diether V. von Katzenelnbogen hier Zoll eintreiben und ließ zu diesem Zweck den Turm bauen. Nach und nach wurde die Anlage dann immer größer. Im 15. Jahrhundert erreicht sie ihren gesellschaftlichen Höhepunkt. Ende des 18. Jahrhunderts dann ihre Zerstörung: Im Rahmen der französischen Revolution fällt sie an die Franzosen, die nach und nach Burgbereiche sprengen. Der Tiefpunkt kommt: Ruinenteile werden zum Aufbau der Festung Ehrenbreitstein in Koblenz (siehe auch mein Koblenz-Beitrag) genutzt. Die Burg Rheinfels wird gar zum Steinbruch. Der zukünftige Kaiser rettet was übrig geblieben ist und kauft die Ruine. 1925 wird St. Goar Besitzer und investiert im 20. Jahrhundert mehrfach in Restaurierungen.
Ob die Burg wirklich Sankt Goar gehört, muss übrigens 2019 ein Gericht entscheiden. Denn laut der royalen Erbenfamilie wäre die Burg Familienbesitz. Verrückt, oder?
Sankt Goar: Kuckucksuhr Alarm
Wenn du schon in Sankt Goar unterwegs bist, kannst du dir die fünf Minuten Zeit nehmen, bei der größten freihängenden Kuckucksuhr der Welt vorbeizuschauen. Wer eben eine solche im Schwarzwald vermutet hätte, wird sehr verwundert sein, wenn er auf den Krimskramsladen, dem „Cuckoo Clock Center Doris Mühl“, blickt, in dem es diverse Souvenirs und natürlich auch eine Menge Kuckucksuhren zu kaufen gibt. Schwarzwaldstyle mitten am Rhein und um die Ecke der Fachwerkinnenstadt von Sankt Goar. Gegenüber der Uhr findest du übrigens auch das Rathaus der Stadt, ein paar Schritte weiter in der Einkaufsstraße, gibt es in der Stadtinformation alle nötigen Informationen für deinen Besuch.
Stopp an der Turner-Route
Auch auf der Burg Rheinfels gibt es eine Turner-Bodenplatte, die es ermöglicht auf den Spuren des romantischen Rheins und dem englischen Maler William Turner zu wandeln. Was diese Route genau kann und warum es spannend ist, sich mit ihr auseinanderzusetzen, vor allem für Instagram-Fans, das habe ich in einem anderen Beitrag zur Region verraten: „Turner Route: Am Rhein auf den Instagramspots des 19. Jahrhunderts wandeln“
Auf zur Loreley
Sagt dir die Loreley was? Lange war mir die dortige Freiluftbühne eher ein Begriff als die Tatsache, dass es sich um eine Schieferfelsformation handelt, die sich in einer Kurve majestätisch über den Rhein erhebt. Vielleicht sagt dir aber auch eher die Frauenfigur der Loreley etwas, die noch heute wie eine Art Weinprinzessin dort unterwegs ist und einst Schiffe und ihre Besatzungsmitglieder in den Tod gelockt haben soll? Zur Unterhaltung wird außerdem ein Film im Besucherzentrum stündlich gezeigt, der die Loreley und ihre Umgebung in 3D vorstellt. Und es gibt eine Sommerrodelbahn, in der es in über 30 Stundenkilometern den Berg hinunter geht. Von all dem erzähle ich dir in meinem Beitrag:
„Was du bei einem Besuch der Loreley erleben kannst“
Rhein und Fachwerk treffen Festbuden
Für meine Reise in die Region wähle ich das Wochenende von „Rhein in Flammen“. Parallel dazu finden an den Ufern von St. Goar und St. Goarshausen Feste statt. In St. Goar genieße ich meinen geliebten Flammkuchen direkt mit Blick auf den Rhein. Die Festzelte wurden extra für diese erste Reihe-Sicht auf einer Freifläche unterhalb der Burg Rheinfels am Rhein aufgebaut. Kontrastreich dazu die andere Uferseite. Dort finden sich Teile des Weinfest von St. Goarshausen zwar auch am Rhein, doch der noch schönere Festteil schlängelt sich durch das Fachwerk der Stadt. Eine lange Gasse ist extra für diese stimmungsvollen Tage gesperrt. Stopps lassen sich hier an diversen Weinstände, aber auch an Ständen mit Essen und kleine Bühnen einlegen. Das Ambiente lebt vom Eindruck, der durch das viele Fachwerk entsteht. Wer teilnehmen möchte, muss drei Euro Eintritt bezahlen.
Feuerwerkszauber bei „Rhein in Flammen St. Goar und St. Goarshausen“
Bleiben wir beim Feste feiern, denn ich bin ja zu „Rhein in Flammen“ da. Gefühlt spürte ich den ganzen Tag die Vorfreude auf das Highlight am Abend. Die Schifffahrt auf dem Rhein und das Feuerwerk vom Wasser aus, sind wirklich tolle Erlebnisse, bei denen man sich hinterher wie ein Kind fühlt, das vom Karussell aussteigt und ruft: „Noch mal, noch mal“. So ist es kaum verwunderlich, dass ich nun schon zum dritten Mal „Rhein in Flammen“ erlebt habe. Wie es auf dem Schiff genau war, welche Tipps ich für dich habe, das liest du in aller Ausführlichkeit in meinem Beitrag:
„Rhein in Flammen Sankt Goar und Sankt Goarshausen“.
Gute Nacht in Oberwesel
Mein Nachtlager habe ich in Oberwesel aufgeschlagen. Oft bedeutet „Rhein in Flammen“ bei der Übernachtung Kompromisse einzugehen. Da Städte wie St. Goar und St. Goarshausen einfach nicht genug Betten für all die „Rhein in Flammen“-Fans haben. Für mich ist dieser Kompromiss eine perfekte Abrundung dieses Wochenendausflugs. Das Betreiberpaar des Hotels „Römerkrug“, das sich am Marktplatz in Oberwesel in einem alten Fachwerkhaus befindet, sorgt ganz zauberhaft dafür, dass ich mich rundum wohl fühle. Erst im Frühjahr hat das Haus unter den neuen Besitzern eröffnet. Ich werde zur Begrüßung liebevoll in die Hausdetails von Schlüssel, über WLAN bis zu Frühstück eingewiesen und fühle mich gleich sehr willkommen. Ich liebe die altmodischen Möbel und den Einrichtungsstil des Hauses. Irgendwie versprüht jede Ecke einen mir äußerst sympathischen Charme.
Frühstück serviert: Pures Wochenendverwöhnprogramm
Dieses Gefühl wird beim Frühstück noch gesteigert, das wird nämlich serviert. Was mich auf einer Geschäftsreise wahnsinnig ungeduldig machen würde, ist an diesem Sonntagmorgen an dem wir in Oberwesel beim Frühstück sitzen, die perfekte Entschleunigung. Das Brot ist unglaublich lecker, es gibt Joghurt, einen Obstsalat, frisch gekochte weiche – in unserem Fall eher hart gewordene – Eier sowie eine tolle Wurst-Käseplatte. Vor allem die Wurst, ein äußerst leckerer Schinken vom örtlichen Metzger, wird uns schon bei der Bestellung vom Hausherr in französischem Akzent angepriesen und die Qualität entspricht den geweckten Erwartungen. Was mir aber besonders gefällt ist die Tatsache, dass man das Frühstück, das nicht mehr in den Bauch passen will, mitnehmen kann. Wie schön, wenn irgendwo Lebensmittel nicht einfach weggeworfen werden, sondern man den Gästen dort eine zusätzliche Freude macht.
Wer die netten beiden Besitzer und eines der fünf Zimmer auch einmal besuchen möchte, kann hier alles über die Unterkunft erfahren (Im Winter ist diese geschlossen. Saison ist im Sommer): Römerkrug – Oberwesel
Bezauberndes Oberwesel
Während ich beim Frühstück sitze, klappert draußen Holz. Es ist der Abbau des Weinfestes in Oberwesel. Am Vortag spielte hier noch auf der Bühne am Marktplatz Musik, der Wein floss, dessen Nachfolgejahrgang die Winzer im Anschluss an das Fest ernten müssen. Ich war mittendrin und habe mir das letzte Crêpe des Abends gegönnt, ehe der Wagen gegen zwölf den Verkauf beendete. Die Atmosphäre auf dem Fest wirkt familiär und ich fühle mich wohl, wie überhaupt in Oberwesel, das noch auf meiner Bucket Liste landet. Schon allein, weil ich gerne einmal den Spaziergang auf der Stadtmauer unternehmen möchte. Gesehen habe ich viel zu wenig, nämlich nur den Ortskern und den Weg zum Bahnhof in Richtung der Schwesterstädte Sankt Goar und Sankt Goarshausen. Doch der kleine, aber gleich bezauberte Eindruck reichte, um meine Neugier zu wecken.
Vielen Dank an den Romantischen Rhein, die Loreley-Touristik und St. Goar für die Rechercheeinladung in das Obere Mittelrheintal und zu „Rhein in Flammen St. Goar / St. Goarshausen“. Es gab keine Festlegung, ob und wie ich berichte. Die Anreise sowie einige Kosten vor Ort habe ich selbst übernommen.
wow, ein schöner und ausführlicher Beitrag. Ich reise auch sehr gerne und habe noch viele Punkte auf meiner persönlichen Weltkarte, die ich noch bereisen möchte. Ich wünsche dir alles Gute und schreib weiterhin solch tolle Berichte. Liebe Grüße Marcel aus Berlin